Fluggastrechte in der EU – Was habe ich als Passagier für Ansprüche bei Annullierungen oder Verspätungen?
Von Praktikant Philip Barnay
Besonders in den Sommerferien, zur Hauptreisezeit, sind Flugverspätungen und Annullierungen ein grosses Thema. Es gibt nichts ärgerlicheres, als am Flughafen auf den Flieger Richtung Spanien zu warten, nur um dann kurz vor Abflug die Mitteilung zu erhalten, dass der Flug nicht starten kann und man bis zum nächsten Tag auf den Ersatzflug warten muss. Doch was habe ich als Passagier für Rechte und Ansprüche in solchen Fällen?
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass bei Mitgliedstaaten der EU – gleich ob Sie aus einem Land der EU in ein Nicht-EU-Land fliegen oder andersrum, sofern das Flugunternehmen den Hauptsitz in einem Mitgliedstaat hat – die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleich und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder grosser Verspätung von Flügen gilt. Der Begriff «Mitgliedstaat» nach Art. 3 der Fluggastrechteverordnung umfasst auch die Schweiz aufgrund des bilateralen Flugverkehrsabkommen, sowie Norwegen und Irland aufgrund des EWR-Abkommens. Somit ist die Verordnung für alle Flüge jedes Flugunternehmens aus der Schweiz, sowie für alle Flüge in die Schweiz eines Flugunternehmens mit Sitz in einem Mitgliedstaat anwendbar.
Annullierung
Wenn Ihr Flug annulliert wurde, haben Sie jedenfalls die Wahl zwischen der binnen sieben Tagen zu leistender vollständiger Erstattung der Flugscheinkosten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, oder Anspruch auf eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Bedingungen. Ebenfalls haben Sie Anspruch auf Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit und zwei unentgeltliche Telefongespräche oder E-Mails.
Im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmässigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, haben Sie zusätzlich das Recht auf Hotelunterbringung sowie Beförderung zwischen Flughafen und dem Ort Ihrer Unterbringung.
Darüber hinaus haben Sie einen Ausgleichsanspruch, vorausgesetzt
- Sie werden über die Annullierung nicht mehr als 14 Tage im Voraus benachrichtigt;
- Sie werden über die Annullierung nicht zwischen 14 und sieben Tage im Voraus benachrichtigt und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmässigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen;
- Sie werden über die Annullierung nicht weniger als sieben Tage im Voraus benachrichtigt und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, welche es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmässigen Abflugzeit abzufliegen und Ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmässigen Ankunftszeit zu erreichen.
Die Höhe dieses Ausgleichsanspruches hängt von der Entfernung des Fluges ab und liegt zwischen EUR 250 und EUR 600. Dieser Anspruch entfällt aber, wenn das Flugunternehmen nachweisen kann, dass die Annullierung auf „aussergewöhnliche Umstände“ zurückgeht.
Verspätung
Bei Verspätungen von Flügen hängt es einerseits von der Entfernung zum Reiseziel sowie andererseits von der Dauer der Verzögerung ab. Zusammenfassend kann man aber sagen, dass Ihnen bei Verspätungen von zwei Stunden oder mehr - wie auch bei der Annullierung - Mahlzeiten und Erfrischungen, sowie zwei unentgeltliche Telefongespräche oder E-Mails, zustehen.
Verzögert sich der Abflug soweit, dass Sie erst am nächsten Tag abfliegen können, haben Sie wiederum Anspruch auf Unterbringung und Beförderung zur Hotelunterkunft. Sofern die Verspätung fünf Stunden oder mehr beträgt, steht Ihnen eine vollständige Rückerstattung der Flugscheinkosten zu.
So belastend es auch sein mag, Stunden an einem Flughafen ausharren zu müssen, oder sogar eine Nacht in einer Unterbringung schlafen zu müssen, in solchen Fällen heisst es Ruhe bewahren und die Rechnungen behalten, um Ihre Ansprüche gegen die Fluggesellschaft geltend machen zu können. Gute Reise!
Quellen: